Athleten-/Patienten-Compliance

Im Journal of Athletic Training, Volume 29, Number 4 erschien 1994 der Artikel von Byerly et al. unter dem Titel: „Rehabilitation Compliance in an Athletic Training Environment“.

Das ist zwar schon einige Zeit her, aber sicherlich immer noch aktuell.

Einleitung:
Viele Ärzte, Physiotherapeuten oder Athletiktrainer kennen das Problem, dass die Patienten sich häufig nicht an die Absprachen bezüglich des Rehabilitationsplans halten. Also stellt sich die Frage, wie man die Sportler stärker an das Rehabilitationsprogramm „binden“ kann. In diesem Zusammenhang tauchen in der englischsprachigen Literatur die Begriffe „Adherence“ oder „Compliance“ auf, welche die „Zustimmung“ und die „Einhaltung“ der behandelten Person beschreiben.

Es gibt viele Faktoren, die eine Rolle spielen und die Zustimmung beeinflussen können. Eine positive Bestärkung Seitens medizinischer Abteilung, Freunden und Familie kann hier genannt werden (Dishman 1986). Zudem zeigt auch eine ausführliche Aufklärung des Athleten über die Verletzung, den Heilungsverlauf und über das vor ihm liegende Rehabilitationsprogramm eine positive Wirkung. Ein dritter Faktor ist die Einflussnahme durch den Athleten selbst, welche dem Sportler ein gewisses Maß an Kontrolle und Selbstwirksamkeit beschert. Einerseits durch das Einbringen eigener Ideen und Gedanken, andererseits durch das aktive Einbeziehen des Sportlers durch den behandelnden Therapeuten oder Trainer (DePalma et al. 1989; Fisher et al. 1988; 1990) 

Methodik:
Das Ziel dieser Studie war es, den Einfluss von sechs Variablen auf den Rehabilitationsprozess zu untersuchen. Zu diesen sechs Variablen gehörten: Schmerz, Unterstützung von Anderen, Erschöpfung, Planung, Motivation und die Umwelt des Athleten.

Hierzu wurden 44 Sportler, die eine muskuloskelettale Verletzung erlitten hatten, aus der Division II ausgewählt, um an einem Rehabilitationsprogramm teilzunehmen. Die Zustimmung (Adherence) des Athleten in das Rehabilitationsprogramm wurde in verschiedenen Rehabilitationssitzungen erfasst.

Um die Zustimmung zu erheben wurde ein „Adherence and Participation Score“ erhoben. Dieser ergab sich aus jeweils einem Punkt für das Erscheinen und einem weiteren Punkt für die aktive Mitarbeit während der Trainingseinheit. Die Mitarbeit wurde durch den anwesenden Athletiktrainer subjektiv vergeben und konnte auch auf ¾ oder ½ oder ¼ Punkt abgestuft werden. Auch wenn dieser Score sehr subjektiv vergeben wurde, erfasst er dennoch den Grundgedanken der Beteiligung am Programm. Die Punkte wurden für jeden Tag zusammengerechnet und anschließend durch die Anzahl der Trainingsinterventionen geteilt, sodass ein maximaler Score von 2.0 erreicht werden konnte. Ein Score zwischen 1.75 und 2.0 wurde als zustimmend (adherent) gewertet. Unter 1.75 als nicht zustimmend (non adherent).

Um die oben genannten Variablen zu ermitteln wurde der Fragebogen nach Fisher et al. herangezogen. Dieser besteht aus 40 Fragen, die auf einer Likert Skala von 1-4 bewertet werden konnten. Die 40 Fragen wurden den sechs Variablen zugeordnet und ein Durchschnittsscore pro Variable ermittelt.

Ergebnisse:
Durch den „Adherence and Participation Score“ ergaben sich 27 zustimmende und 17 nicht zustimmende Sportler.

Die Variablen Schmerz und die Unterstützung durch Andere stand in einem engen Zusammenhang mit den zustimmenden Athleten und zeigten einen signifikanten Unterschied zu den nicht zustimmenden Sportlern. Somit wurde das Auftreten von Schmerz und die Unterstützung in Verbindung gebracht mit einer Zustimmung in das Rehabilitationsprogramm 

Diskussion:
Viele Wissenschaftler denken, dass eine Unterstützung gerade auf emotionaler Ebene einen Einfluss auf die Zustimmung eines Sportlers in das Rehabilitationsprogramm nimmt (Dishman 1986). Von Seiten der Sportler wird häufig der Stellenwert von Unterstützung aus dem eigenen Team genannt (Fisher et al. 1993). Es scheint als würde sich eine soziale Unterstützung zudem auf die Erfolgszuversicht des verletzten Athleten positiv auswirken (Levy 1983). Aus diesen Erkenntnissen ergibt sich, dass auch von Seiten des medizinischen Teams Möglichkeiten in Erwägung gezogen werden sollten, welch diese Unterstützung für den Athleten begünstigen.

Je mehr Schmerz während des Rehabilitationsprozesses auftritt, desto weniger beteiligen sich die Patienten an dem Prozess und desto geringer ist deren Zustimmung in das Rehabilitationsprogramm. Das Schmerzempfinden des Sportlers kann durch verschiedene Dinge beeinflusst werden. Dazu zählen emotionale Erregung, Motivation und die Gedankenwelt (Kognition) des Sportlers (Fisher et al. 1988). Aufgrund dieser Tatsache sollte der medizinische Betreuer diese Punkte im Auge behalten und auch Lösungsansätze hierfür bieten (oder an entsprechende Experten weiterleiten) können. Eine Aufklärung über Ursache und Dauer von Schmerzen, sowie das Erlernen von Techniken, die den Schmerz verringern, können die Zustimmung des Athleten und seine Beteiligung am Rehabilitationsprozess steigern.

Die anderen Variablen zeigten keine signifikanten Unterschiede zwischen den beiden Gruppen (adherent und non adherent).

Fazit:
Die Ergebnisse der Studie zeigen zusammen mit vorherigen Ergebnissen, dass die Schmerzreduktion einen wesentlichen Einfluss auf den Erfolg eines Rehabilitationsprogramms nach Sportverletzungen haben kann. Deshalb sollte dieser Punkt am Anfang jeder Rehabilitationsplanung beachtet werden. Dazu kommt, dass die Unterstützung, welche der Athlet durch andere Personen erfährt auch zum Gelingen des Plans beitragen kann. Der behandelnde Therapeut, Arzt oder Athletiktrainer sollte idealerweise wissen, wie er diese Unterstützungsprozesse ankurbeln kann. Und er sollte den Sportler gut über den Ablauf der geplanten Rehabilitation unterrichten.

Hier findet ihr die komplette Studie