Achillessehnen-Tendinopathie und Exzentrisches Training

“Does One Size Fit All When It Comes To Exercise Treatment For Achilles Tendinopathy?“ – ein kritisches Editorial von Karin Grävare Silbernagel (Associate Editor) in der Februar 2014 Ausgabe (Volume 44 / Number 2) des Journal of Orthopaedic & Sports Physical Therapy (JOSPT).

Eingangs stellt Grävare-Silbernagel fest, dass Training ein wesentlicher Faktor der muskuloskelettalen Rehabilitation ist – im O-Ton: „Our bodies need to be challanged to respond with improved strength and function. At the cellular level, studies indicate that mechanical loading helps maintain healthy muscle, bone and tendon tissue.“

Eingrenzend auf das Thema Tendionopathie der Achillessehne betont sie den Paradigmenwechsel gegen Ende der 1990er, als klar wurde, dass es sich bei chronischen Achillessehnenproblemene um degenerative, nichtentzündliche Prozesse handelt, die ein völlig anderes Therapieregime benötigen als Entzündungen.

In den späten 2000ern kamen Autoren systematischer Reviews zum Schluss, dass exzentrisches Training als therapeutische Intervention zu favorisieren sei: „Authors….have concluded that heavy, painful eccentric exercises had the greatest evidence of effectiveness in athletic patients with Achilles tendinopathy“.

Am weitesten verbreitet ist das sogenannte „Alfredson-Protokoll“ – mit einbeiniger exzentrischer Sprunggelenks-Dorsalextension,  mit ca. 180 Wiederholungen pro Tag (auf zwei Einheiten verteilt), jeden Tag über zwölf Wochen hinweg.

Nun ist dieses Programm auf Athleten ausgelegt und führt bei Nicht-Sportlern oder älteren Menschen nicht zwingend zu positiven Ergebnissen.

Zudem wird angemerkt, dass solange die Sehne belastet wird es nicht wesentlich erscheint, ob die Kontraktionen konzentrisch oder exzentrisch erfolgen. Außerdem sei es fraglich, welchen Einfluss auf das Ergebnis die Kombination von Übungsfrequenz, Dauer und Anspannungsarten nehmen.

Kritisch betrachtet muss auch der „Load“ werden. In Tierversuchen wurde festgestellt, dass Laufbandtraining zu Verbesserungen führte ohne Hypertrophie der Achillessehne – das könnte als Hinweis verstanden werden, dass auch geringere Lasten und hohe Wiederholungszahlen zu einer besseren mechanischen Funktion führen.

Gesichert erscheint, dass die Stammzellen-Proliferation von der mechanischen Belastung des Sehnengewebes abhängig ist.

Alle Studien weisen darauf hin, dass die Wiedererlangung der optimalen Sehnenfunktion nur durch individuell angepasste Belastungsdosierung zu erreichen sei.

Beispielsweise wurde (in leider nur) einer Studie bei Tendinopathie der Patellasehne das oben genannte Alfredson-Protokoll mit einer hochintensiven Krafttrainingsintervention (3mal wöchentlich) verglichen – beide Gruppen verbesserten sich im Hinblick auf die Symptome, aber die Krafttrainingsgruppe zeigte vergleichsweise günstigere Ergebnisse auf Ebene der Gewebewiederherstellung.

Marc Stevens und Dr. Chee-Wee Tan berichten (in der derselben Ausgabe des JOSPT) über eine Versuchsanordnung in der Patienten mit Achillessehnen-Tendinopathie entweder mit dem „Eccentric-only“-Protokoll (180 Wiederholungen täglich)  oder mit dem „Do-as-tolerated“-Protokoll mit der gleichen Übung („Eccentric-heel-drop“) belastet wurden. Nach 6 Wochen zeigten beide Gruppen signifikante Verbesserungen – ein Hinweis darauf, dass sich zumindest in Kurzeitergebnissen eine IndividuaAchillessehnen-Tendinopathielisierung des Belastungsprotokolls nicht negativ auswirkt. Gerade im klinischen Alltag ist eine gute „Compliance“ der Patienten von großer Bedeutung – das Anpassen an individuelle Belastungsgrenzen erhöht die Patientenmotivation und das „Durchhalten“ der Behandlungsintervention.

Noch gibt es für die Wissenschaft viele Fragen zu klären, damit das Ziel einer evidenzbasierten individuellen Gestaltung der trainings-therapeutischen Interventionen bei der Behandlung von Achillessehnen-Tendinopathie erreicht werden kann.

Abschließend sei noch angemerkt, dass aktive Behandlungsformen bessere Ergebnisse als „Low-Laser-Therapy“, Stoßwellentherapie oder medikamentöse Behandlung zu Stande bringen können.

In diesem Sinne – „aktiv bleiben“!

Euer Team-spt-education