Die proximale neuromuskuläre Ansteuerung schützt vor Hamstring-Verletzungen

Joke Schuermans et al. veröffentlichten 2017 im American Journal of Sports Medicine ihr Studie “Proximal Neuromuscular Control Protects Against Hamstring Injuries in Male Soccer Players: A Prospective Study With Electromyography Time-Series Analysis During Maximal Sprinting.”

Hamstringverletzungen sind ein wesentliches Problem im männlichen Fussball. Obwohl derzeit noch keine wissenschaftlichen Belege für das Zusammenwirken von Rumpf und den Hamstrings vorliegen, wird die proximale neuromuskuläre Kontrolle (Rumpfstabilität) als Schlüsselkriterium für die Prävention von Verletzungen des ischiokruralen Muskelgewebes angesehen.

Ziel:
Es sollte untersucht werden, ob die Aktivierungsmuster der Rumpfmuskulatur während des Sprints mit einem Verletzungsrisiko der Hamstrings einhergehen.

Methodik:
Die getesteten Spieler sind aus der Amateur-Fussball-Liga. 60 männliche Fussballspieler, die in der jüngeren Vergangenheit keine Oberschenkelverletzung hatten, wurden für die multimuskuläre EMG-Zeitreihenanalyse während des Sprints rekrutiert. Die Zeitreihen der Hamstring-, Gluteal- und Rumpfmuskelaktivität während den Flug- und Standphasen der Sprintbeschleunigung wurden  erhoben. 

Ergebnis:
Spieler, die verletzungsfrei blieben, wiesen während der vorderen Schwungphase (P = 0,027) signifikant höhere Glutealmuskelaktivität und während der hinteren Schwungphase des Sprints höhere Rumpfmuskelaktivität auf (P = 0,042). Das Risiko eine Hamstringverletzung zu erleiden, sank um 20% mit der Muskelaktivität des M. gluteus maximus während der vorderen Schwungphase und um 6% bei höherer Rumpfmuskelaktivität während der hinteren Schwungphase.
Höhere Gesäß- und Rumpfmuskelaktivität während der Schwungphasen des Sprint konnten mit einer niedrigeren Verletzungswahrscheinlichkeit in Verbindung gebracht werden. Die vorliegenden Ergebnisse bieten eine Grundlage für eine verbesserte, evidenzbasierte Rehabilitation und Prävention. Insbesondere gerät die Erhöhung der neuromuskulären Kontrolle der Gluts und der Rumpfmuskulatur in Hinblick auf sportspezifische Bewegungsmuster in den Fokus (z.B. Sprintübungen, Agilitätsübungen).

Diskussion:
Ob die proximale neuronale Kontrolle nun als Schlüsselkriterium anzusehen ist, lässt sich anhand dieser Studie noch nicht abschließend belegen. Jedoch weisen die Ergebnisse klar darauf hin, dass ein möglichst optimales Zusammenspiel zwischen Rumpfstabilität und der ischiokruralen Muskulatur mit einem deutlich verringerten Verletzungsrisiko der Hamstrings einhergeht. Bei der Planung eines Präventions- oder Rehabilitationskonzepts der ischiokruralen Muskulatur sollten die Ergebnisse dieser Studie definitiv berücksichtigt werden.

Hier geht’s zur vollständigen Studie