Instruktion und Feedback

In der Zeitschrift physiopraxis 2016; 14(03): S. 27-31 finden wir einen interessanten Beitrag von unseren ehemaligen Absolventen (und mittlerweile Referenten) David Gröger und Daniel Kadlec (beide arbeiten bei „Plus D Sports“ in Wuppertal). Die Überschrift des Artikels lautet: „Wann sage ich was? – Richtig instruieren, richtig Feedback geben“ und gibt uns eine evidenzbasierte Zusammenfassung über den erfolgreichen Einsatz von Instruktionen und Feedback im physiotherapeutischen und trainingsorientierten Alltag.

Das Instruieren von Übungen und anschließendes Feedback von Seiten des Therapeuten oder Trainers stellen eine tägliche Aufgabe dieser Berufsgruppe dar. Also wundert es nicht, dass sich auch in diesem Bereich Forschungsgruppen dieser Thematik annehmen um die Qualität der Arbeit zu verbessern und wissenschaftlich zu fundieren. 

Es kommt immer noch sehr häufig vor, dass Instruktionen und Feedback übermäßig häufig angewendet werden, obwohl bereits in den 90er Jahren an Hand von Studien belegt wurde, dass oft weniger davon die bessere Wahl wäre. Der Transfer von Bewegungsabläufen aus der Therapie in den Alltag und Sport bedarf der Instruktion und dem Feedback, diese sollten allerdings gezielt formuliert und im richtigen Moment eingebracht werden. Hieraus leiten sich nach Gröger und Kadlec drei bedeutende Fragen ab:
„Wie formuliere ich Übungsinstruktionen?“

„Wie erteile ich ein Feedback?“

„Und zu welchem Zeitpunkt gebe ich es am besten?“

„Wie formuliere ich Übungsinstruktionen?“

Häufig liegt der Fokus beim Instruieren von Bewegungsabläufen auf der Ausführung von einzelnen Teilbewegungen, was auch als interner Aufmerksamkeitsfokus (INT) beschrieben wird. Die Aufmerksamkeit des Patienten bei der Bewegungsausführung wird auf koordinative Aspekte der Körperbewegung gelenkt (z.B. Denke bei der Ausführung deines Dartwurfes an deinen Ellenbogen und an dein Handgelenk), was aber Forschergruppen im Bereich der Bewegungslehre nicht als wirksam bestätigen konnten.

Im Gegensatz dazu liegt der externe Aufmerksamkeitsfokus (EXT) auf den anvisierten Effekt der Bewegungsausführung (z.B. Denke bei der Ausführung deines Dartwurfes an die Flugkurve des Pfeils). Studien zeigen bei dieser Art der Instruktion deutlich bessere Ergebnisse. Die Instruktion des Therapeuten oder Trainers kann also zwischen diesen beiden Fokussen wählen.

Einige Studien beschreiben beispielsweise beim Golfschlag oder anderen Zielübungen einen deutlichen Vorteil von EXT zu INT. Außerdem gab es signifikant bessere Ergebnisse für EXT in vertikalen und horizontalen Sprungleistungen, sowie in Sprint- und Ausdauerleistungen.

Nicht nur Sportstudien, sondern auch Studienergebnisse aus der Neurowissenschaft unterstützen diese Herangehensweise. Beispielsweise konnten sich verschiedene motorische Fähigkeiten von Parkinson-Patienten nach einem Schlaganfall durch EXT deutlich verbessern. Auch ein Retest konnte die Ergebnisse sogar im weiteren Verlauf ohne Instruktionen bestätigen, da die EXT-Patienten insgesamt bedeutsam besser ihre Leistungen abrufen konnten als die Patienten, die mit INT angeleitet wurden.

Die Begründung dieser Ergebnisse wird den automatischen Prozessen der motorischen Kontrolle zugeordnet. So führt ein INT zu Interferenzen mit den automatischen Kontrollprozessen und beeinflusst dadurch negativ die Bewegungsqualität. Durch einen EXT kommt es zu unbewussten und automatischen Bewegungsausführungen, welche laut Vance J., et. al. (2004) effektiver sind da sie auf reflexbasierte Korrekturprozesse zurückgreifen. Hingegen stehen beim INT die bewussten Kontrollprozesse im Vordergrund, welche langsamer stattfinden. Dies wirkt sich auch auf die EMG-Aktivität aus. Ein EXT führte zu deutlich niedrigerer EMG-Aktivität als ein INT und dennoch konnten höhere Kraftwerte erreicht werden. Eine weitere Untersuchung von Tiffany Zachery et. al. aus dem Jahr 2005 beobachtete beim Basketballwurf eine höhere EMG-Aktivität von Agonisten und Antagonisten bei INT bei einer gleichzeitig verringerten Wurfleistung. Durch einen EXT wird also die quantitative Rekrutierung bestimmter motorischer Einheiten reduziert und somit kommt es zu weniger „Störgeräuschen“ innerhalb des motorischen Systems und zu einem ökonomisierten Bewegungsablauf.

Beispiele zur Formulierung von EXT Instruktionen findet ihr hier:

Bei der Instruktion mit EXT bedient sich der Therapeut oder Trainer an Objekten oder bezieht Analogien und Metaphern in seine Instruktion mit ein. Dies führt dazu, dass der Fokus extern bleibt und der Effekt auf die Umwelt im Vordergrund steht. Die Instruktion auf ein Objekt zu beziehen (z.B. Trainingsgerät) ist relativ leicht. Man beschreibt als Instruktion den Einfluss auf die Umwelt, die das Objekt erreichen soll, beispielsweise: „Die Hantel bewegt sich in einem Halbkreis“ (statt bei INT: „Dein Ellenbogen beugt sich gegen 180 Grad“).

Sind für den Bewegungsablauf keine Objekte vorgesehen, kann man auch auf den Einsatz von Metaphern und Analogien zurückgreifen. Häufig kann man hierdurch auf bereits vorhanden Bewegungsmuster zugreifen und diese erfolgreich auf die neue Bewegung übertragen. Hierzu zählt auch das Einbeziehen von Bewegungsvorstellungen oder Bildern, welche es dem Patienten erleichtern eine Bewegung auszuführen. Beispiele für solche Instruktionen könnten sein: „Stell dir vor, du klemmst etwas zwischen deine Schulterblätter ein“ oder „Stell dir vor, du wirst an einem Faden an deinem Kopf in die Länge gezogen“.

Das Einbeziehen von vorhanden Bewegungsmustern durch Analogien führt beim Erlernen von neuen Bewegungsabläufen zu signifikant besseren Ergebnissen. Dies wurde bereits beim Volleyball-Aufschlag und beim Golf-Abschlag bestätigt.

Ein weiterer Hinweis, den uns David und Daniel geben besteht in der Wortwahl bei Instruktionen zwischen „wollen“ und „versuchen“. Beschreibt man eine Bewegungsausführung mit den Worten: „Versuche…“ ist scheinbar die Möglichkeit des Scheiterns mit einbezogen. Wählt man allerdings die Worte: „Du willst…“ ist die Instruktion zielgerichteter und erhöht die intrinsische Motivation des Patienten. Dies hat auch Auswirkungen auf die Bewegungsqualität. Wie dieser Effekt zu erklären ist, ist allerdings noch nicht ausreichend untersucht.

„Wie erteile ich ein Feedback?“

„Und zu welchem Zeitpunkt gebe ich es am besten?“

Das Feedback gehört schon lange zu einem erfolgreichen Lernprozess hinzu und kann diesen bei richtig Einsatz deutlich optimieren und unterstützen. Beim Feedback sind die Aspekte Zeitpunkt, Häufigkeit und Inhalt besonders zu beachten und gezielt einzusetzen. Feedback zu geben während der Patient gerade die Bewegung ausführt lenkt den Patienten ab und stört die automatische Bewegungskontrolle. Deutlich besser ist es, das Feedback zeitlich versetzt zurückzumelden, so kann sich der Patient während der Bewegungsausführung auf seine intrinsischen Feedbackprozesse (Proprio-, Tele- und Exterozeptoren) konzentrieren und anschließend die Leistung selbst bewerten. Dieses „Selbstfeedback“ führt zu den besseren Lernergebnissen.

Empfehlungen:

1. Patient genug Zeit lassen für Selbstfeedback (Bewegung selbst analysieren)

2. Patienten nach Befinden bei der Ausführung befragen (stärkt die Wahrnehmung des Patienten)

3. Patient bewertet seine erbrachten Leistungen und verbindet diese mit dem dabei entstandenen Bewegungsgefühl

Zu häufiges Feedback von Seiten des Therapeuten kann außerdem eine Art Patienten-Therapeuten-Abhängigkeit zur Folge haben. Der Patient kann in diesem Falle zwar den Aufforderungen durch Rückmeldung vom Therapeuten Folge leisten, kann diese allerdings nicht selbstständig in den Alltag übertragen, da ihm die Selbstreflektion fehlt (intrinsische Feedbackprozesse wurden nicht erlernt). Der Fokus liegt also darauf, den Patienten zu befähigen, eigene Feedbackfähigkeiten zu entwickeln.

Feedback kann neben dem informativen Zweck auch einen motivierenden Zweck verfolgen. So sollte überlegt positives Feedback nach einer hohen Bewegungsqualität eingesetzt werden. Wie auch bei den Instruktionen ist ein extern fokussierendes Feedback effektiver als ein Feedback, welches den Fokus des Patienten nach innen lenkt.

Außerdem sollte man als Therapeut den Einsatz von Instruktionen und Feedback mit dem Patienten besprechen und erklären. Dazu zählt auch, ob oder inwieweit und in welchem Umfang der Einsatz von Feedback vom Patienten erwünscht ist.

Um die Häufigkeit von Feedback zu reduzieren kommen verschieden Ansätze zum Einsatz:

1. Bandbreitenfeedback:
Ein vorher bestimmter Toleranzbereich wird festgelegt. Erst wenn es zu Abweichungen kommt, wird ein entsprechendes Feedback gegeben.

2. Zusammenfassendes Feedback:
Feedback wird immer nach einer kompletten Serie gegeben. Beispielsweise nach fünf Wiederholungen gibt der Therapeut ein Feedback über jede einzelne der fünf Ausführungen.

3. Durchschnittsfeedback:
Ähnlich wie beim zusammenfassenden Feedback wird das Feedback erst nach einer kompletten Serie gegeben. Allerdings wird nicht jeder einzelne Ablauf bewertet, sondern eine Durchschnittsleistung. Das heißt, Fehler die im Durchschnitt zu häufig auftauchen werden angesprochen.

4. Selbstkontrolliertes Feedback:
Feedback wird nur gegeben, wenn der Patient es von dem Therapeuten einfordert. Diese Art verbessert laut Studien den motorischen Lernprozess des Patienten am besten.

Wir danken Daniel und David für diesen überaus interessanten und wichtigen Input und hoffen, dass dieser Inhalt gut in eure Arbeit einbezogen werden kann.

Hier geht’s zum Literaturverzeichnis des Artikels: