Krafttraining in der Rehabilitation – Teil 2

Wie im ersten Teil schon angekündigt geht es in der vorliegenden Zusammenfassung um die anzusteuernden Ziele und Voraussetzungen um ein erfolgreiches Krafttraining in den Rehabilitationsprozess zu integrieren. 

Ziele eines Krafttrainings in der Rehabilitation

Zum einen sollen negative Veränderungen im Kraftverhalten möglichst vermieden oder zumindest so gering wie möglich gehalten werden. Zum anderen muss bei einem verschlechtertem Kraftverhalten das ursprüngliche Niveau wieder erreicht bzw. dieses muss zur Vermeidung erneuter Verletzungen sogar überstiegen werden.

Folgende Ziele stehen im Vordergrund:

  • Eine muskuläre Atrophie soll so gering wie möglich gehalten werden. Besser noch wäre es, sie ganz zu vermeiden.
  • Einer erfolgten Atrophie soll durch ein Training zum Wiederaufbau der Muskelmasse (Hypertrophie) begegnet werden.
  • Die Fähigkeit zur schnellen Kraftentfaltung (Schnellkraft) ist wiederherzustellen und ggf. zu steigern.
  • Die Arbeit im Dehnungs-Verkürzung-Zyklus (Reaktivkraft) soll ökonomisiert und verbessert werden.
  • Der Sportler muss am Ende der Rehabilitation sportartspezifisch uneingeschränkt belastbar sein. Dies bedingt nach einem allgemeinen auch ein sportartspezifisches Krafttraining.
  • Der Patient muss auf typische Alltagsbelastungen im Sinne einer vollständigen Wiederherstellung vorbereitet werden. Auch auf solche, die Anforderungen an ein längeres Durchhalten bestimmter Kraftqualitäten stellen (Kraftausdauer und Reaktivkraftausdauer).

Voraussetzungen für den Beginn des Krafttrainings

Bevor das Krafttraining in der Rehabilitation begonnen werden kann, müssen einige Voraussetzungen erfüllt sein, die insbesondere den Körperabschnitt betreffen, in welchem sich die Verletzung befindet.

  • Eine reflektorische Hemmung, akute Entzündungszeichen und Schmerz müssen durch geeignete therapeutische Maßnahmen reduziert oder vollständig beseitigt sein.
  • Die sensomotorische Steuerung und die intermuskuläre Koordination müssen noch vorhanden oder durch vorbereitende Übungen wiederhergestellt sein.
  • Die lokale Muskelausdauer muss soweit vorhanden sein oder durch ein vorbereitendes Training aufgebaut werden, dass die notwendigen Belastungsreize, hier insbesondere die Angaben zum mehrmaligen Bewältigen der Gewichtslast, möglich sind.
  • Die psychophysische Belastungsverträglichkeit muss die erforderlichen Trainingsbelastungen zur Auslösung der gewünschten Anpassungen zulassen. Hier sind vor allem die Motivation und die Fähigkeit, muskuläre Ermüdung und Erschöpfung zu tolerieren, von Bedeutung. Diese äußern sich in akuten Muskelschmerzen und in verspätet auftretenden Beschwerden in Form des Muskelkaters. Die physische Komponente der Belastungsverträglichkeit hat die Belastbarkeit des Gesamtorganismus und der verletzten Struktur zu berücksichtigen.
  • Die Wundheilung sollte soweit fortgeschritten sein, dass der erhöhte Bedarf an Sauerstoff, Baustoffen, Nährstoffen und Kofaktoren der Kollagensynthese nicht durch eine Mangeldurchblutung und anaerob-laktazide Stoffwechselvorgänge gestört wird.
  • Eine ausreichende Festigkeit des heilenden Gewebes muss auf jeden Fall vor Beginn des Krafttrainings gewährleistet sein. Dies ist umso sorgfältiger zu berücksichtigen, wenn es sich bei der verletzten Struktur um eine kraftübertragende Struktur (Sehne, Insertion, tendomuskulärer Übergangsbereich) oder der einwirkenden Kraft ausgesetzten Struktur (Knochen, Knorpel, gelenkstabilisierende Bänder, Meniskus, Diskus intervertebralis, Bursa und intramuskuläres Bindegewebe) handelt. Die Festigkeit weist selbst 21 Tage nach einer schweren Verletzung oder einem operativen Eingriff nur einen Bruchteil der ursprünglichen Qualität auf (Daly 1995).

Unabhängig von der Belastbarkeit der verletzten Region können selbstverständlich alle nicht betroffenen Muskeln, Muskelgruppen und an der Bewegung beteiligten Strukturen schon früh (Proliferationsphase) mit den Methoden der differenzierten Kraftentwicklung zur Verbesserung der unterschiedlichen Kraftqualitäten belastet und trainiert werden. Kontraindikationen für das Krafttraining müssen vorher ausgeschlossen worden sein.

Im nächsten Teil: Phasenmodell für das Krafttraining in der Rehabilitation