Mentale Einflussfaktoren auf Heilungsprozesse Teil1

Schon 1991 brachten Levleva und Orlick eine Studie heraus, die im Journal „The Sport Psychologist“ erschienen ist. Die Studie trägt den Titel „Mental Links to Enhanced Healing: An Exploratory Study“ und beschäftigt sich mit den psychologischen Faktoren von Heilungsprozessen.

Einführung:

Schon vor 1991 wurden psychologische Gesichtspunkte bei Sportverletzungen untersucht. Häufig ging es hierbei aber um die psychologischen Auswirkungen, die Verletzungen nach sich ziehen und weniger um die Möglichkeit psychologische Faktoren mit in die Rehabilitation einzubeziehen. Die Grundüberlegung ist die Verknüpfung von Körper und Geist, die sich gegenseitig beeinflussen können. Ein kranker Körper kann beispielsweise zu psychologischen Dysbalancen führen, also warum sollte nicht ein gesunder Geist dem kranken Körper helfen können. 

Green, Green und Walters postulierten dazu 1979 das psychophysiologische Prinzip:
„Every chance in the physiological state is accompanied by an appropriate change in the mental-emotional state, conscious or unconscious, and conversely, every change in the mental-emotional state, concsious oder unconscious, is accompanied my an appropriate change in the physiological state.“

Wissenschaftliche Erkenntnisse aus der Psychosomatik, dem Biofeedback oder von Placebo Untersuchungen unterstützt dieses Prinzip.

Wissenschaftlicher Hintergrund:

In der Literatur werden einige psychologische Faktoren als heilungsfördernd bzw. unterstützend beschrieben, welche folgend aufgezählt werden.

Einstellung & Perspektive

Die Einstellung des Betroffenen gilt als wichtigster Einflussfaktor auf den Krankheitsverlauf. Zahlreiche Studien konnten belegen, dass eine positive Zukunftsperspektive und eine kämpferische Einstellung gegenüber Krankheiten, den Heilungsverlauf positiv beeinflussen kann. Borysenko fasste es (in Bezug auf Krebspatienten) 1982 wie folgt zusammen:

Individuen, welche weder ängstlich noch niedergeschlagen sind, die Glauben haben und Selbstvertrauen, sind die, welche am längsten leben. Benson ergänzt 1984, dass erfolgreiche Patienten gesund werden wollen, dies planen und auch sagen, dass sie alles dafür tun würden.

Arnheim riet 1985 den Athleten, dass sie realisieren müssen, dass ihre Ausheilung von ihrer positiven Einstellung abhängt.

Stresskontrolle:

Krankheiten und Verletzungen sorgen für jede Menge Stress beim Betroffenen. Ein effektives Stressmanagement durch den Betroffenen und sein Umfeld spielen somit eine große Rolle beim Heilungsverlauf (siehe hierzu Lynch,1988; Rotella & Heymann, 1986; Sanderson, 1981 und Suinn, 1977).

Soziale Unterstützung:

Die soziale Unterstützung wurde von Taylor 1986 wie folgt definiert:
„information from others that one is loved and coared for, esteemed and valued, and part of a network of communication and mutual obligations.“

Es besteht die Theorie, dass Menschen mit viel sozialer Unterstützung Stress besser bewältigen können und generell seltener Stress empfinden. Eine angemessene Unterstützung von der richtigen Quelle führt wissenschaftlich bewiesen zu einem verringerten Auftreten und zu einer besseren Heilung von Krankheiten (z.B. Chambers & Reiser, 1953 und viele weitere).

Während die oben genannten Punkte vom Patienten selbst nicht immer leicht geplant und kontrolliert werden können, stellen die folgenden Punkte Methoden dar, die von jedem geplant und kontrolliert werden können.

Zielsetzung:

Das Ziel bei verletzten Athleten liegt wohl meist auf der Hand, sie wollen meistens gesund werden und ihren Sport wieder ausüben. Allerdings benötigt man um erfolgreich solche Ziele einzusetzen auch kurzfristige oder sogar Tagesziele. Diese sind schneller überprüfbar, außerdem motiviert es den Patienten, wenn er immer wieder Erfolgserlebnisse verbuchen kann. Gawain, 1978; Korn & Johnson, 1983 und viele mehr konnten zeigen, dass die Zielsetzungen noch erfolgreicher den Heilungsverlauf beeinflussen, wenn sich der Betroffen das Erreichen dieser Ziele möglichst realistisch vorstellen (visualisieren) kann. Ziele sollten generell nach der SMART-Regel festgelegt werden (spezifisch, messbar, akzeptiert, realistisch, terminiert).

Positive Selbstgespräche:

Durch positive Selbstgesprächsführung, erlebt der durchführende Athlet ein erhöhtes Wohlbefinden. Obwohl der Betroffene sein Verletzungspech nicht rückgängig machen kann, so kann er dennoch seine Gedanken hierüber und über den vor ihm liegenden Heilungs- bzw. Reha Prozesses positiv lenken. Eine Auseinandersetzung mit Trauer und Hadern bezüglich der Verletzung ist normal, allerdings sollten die Gespräche und Gedanken schnell auf eine positive Zukunft gerichtet sein, statt auf das „Unglück“ in der Vergangenheit. Jaffe, 1980 und Porter & Foster, 1986, berichten von einem schnelleren Heilungsverlauf in der Rehabilitation bei positiven Selbstgesprächen.

Mentale Vorstellungen:

Durch das Vorstellen von positiven Heilungsbildern können vermehrt körpereigene Heilungskräfte freigesetzt werden (Arnheim, 1985; Lynch, 1988; Porter & Foster, 1986; Rotella & Heyman, 1986 und Swearingen, 1984).

Die Simontons untersuchten 1978 die Auswirkung von Entspannung und Visualisierung Krebspatienten. In 41% der Fälle gab es Verbesserungen, bei 22,2% kam es zur starken Rückbildung und bei 19,1% kam es zu Rückbildungen der Tumore. Sie behaupten, dass Entspannungsverfahren und Visualisierungsverfahren das Immunsystem stärken können, welches dann gegen die Krankheit „kämpfen“ kann. 1983 wurde diese Behauptung durch Hall bestätigt. Sie konnten herausfinden, dass Hypnose und Visualisierung die Lymphozytenfunktion triggern konnte (dies galt jedoch nur für gut hypnotisierbare Studienteilnehmer).

Durch Biofeedbackverfahren kann bildlich gezeigt werden, dass Visualisierung einen Effekt hat. Außerdem unterstützt es den Patienten beim Erlernen von Vorstellungsmethoden. Auch Placebos können die Heilung triggern (Borkovec, 1985; Brody, 1985). Selbst wenn der Patient darüber Bescheid wusste, dass ein Placebo verwendet wird konnten Effekte entdeckt werden (Park & Covi, 1965; Vogel, Goodwin & Goodwin, 1980). 

Glaube:

Die oben aufgeführten Möglichkeiten sind dann sehr effektiv, wenn der Patient an den Erfolg der Methoden glaubt. Besonders abhängig ist der Erfolg davon, ob der Patient seine Einstimmung zeigt, aktiv an seinem physischen und psychischen Wohlbefinden zu arbeiten. Quinn nannte 1979 wichtige Kategorien bei den Glaubensfragen, darunter der Glaube in die physiologischen Prozesse, gesundheitliche Faktoren, die Möglichkeit geheilt zu werden, das therapeutische Model und dem ausführenden Therapeuten sowie den Glauben an der persönlichen Selbstregulation.

Begründet auf diesen wissenschaftlichen Ergebnissen und Theorien entwarfen Levleva und Orlick die nun folgende Studie.

(wird im Teil 2 vorgestellt)