Morsche Knochen in jungen Jahren

“Osteoporose bei Sportlerinnen – ein bislang wenig beachtetes Risiko”

In der Fachzeitschrift Sportmedizin finden wir im Dossier der Sportmedizin, 67. Jahrgang, 3/2016 einen interessanten Beitrag von Frau Dr. Christine Hutterer zu einem Problem, welchem ihrer Meinung nach zu wenig Aufmerksamkeit gewidmet wird: Schwächelnde Knochen bei jungen, sportlich aktiven Frauen.

Selten denken Trainer oder Betreuer und Ärzte bei sportlich aktiven Frauen an eine geringe Knochendichte, doch scheinbar scheint es ein unterschätztes Thema zu sein. Dr. Vanadin Seifert-Klauss der TU München findet im Vergleich aktueller Daten mit denen von 1990er Jahren, eine zunehmende Häufigkeit dieser Problematik. Um weiter aktuelle Daten zu erhalten hat das IOZ ein Register für „junge Osteoporose“ angelegt, welches in Zukunft auch von Kliniken und Praxen zur Erfassung von Patientenfällen genutzt werden soll.

Die häufigsten Ursachen für Osteopenie oder Osteoporose im jungen Alter treten als Begleiterscheinung von Krankheiten wie Morbus Cushing, Asthma oder Brustkrebs, sowie als Nebenwirkung von Medikamenten wie Kortison, Heparin, GnRH-Analoga und Aromataseinhibitoren auf. Doch auch weitere Personengruppen junger Frauen gelten als Risikogruppen:
Frauen mit Essstörung

Frauen, die intensiv Sport treiben

Frauen mit Vitamin-D-Unterversorgung

(häufig auch eine Kombination aus mehreren Aspekten)

Sport und Ernährung beeinflussen Hormone

Hormone spielen bei vielen Prozessen im Körper eine wichtige Rolle. So sind beispielsweise die Hormone Parathormon, Calcitriol und Calcitonon mitentscheidend für die Stoffwechselprozesse des Knochens. Bei Frauen haben auch die „weiblichen“ Hormone Östrogen und Progesteron wegen ihrer teilweise anabolen Steroidwirkung wesentlichen Anteil an der Bildung von Knochenmaterial.

Kommt es zu einer intensiven geistigen Beschäftigung mit Limitierung der Energiezufuhr durch Änderung des Essverhaltens oder Gewichtskontrolle, so kann dies schon ausreichen um die Hormonproduktion der Eierstöcke zu beeinflussen. Bei einer tatsächlichen Mangelernährung (beispielsweise einer Magersucht) kommt es ebenfalls zu diesen Prozessveränderungen. Aber nicht nur Ernährung, sondern auch intensives Sporttreiben zeigt einen Einfluss auf die Hormonproduktion. Dies geht oft (aber nicht immer) auch mit einer ausbleibenden Periode einher.

Beobachtungen konnten zeigen, dass bei intensiv trainierenden Frauen, bei denen die Periode aussetzte, ein erhöhter Kortisolspiegel gemessen werden konnte. Dieser wirkt sich negativ auf die Knochendichte aus. Ob nun die Periode bei stark trainierenden Frauen aussetzt oder nicht, kann auch am Essverhalten liegen.

Vitamin-D-Mangel

Die Vitamin-D-Versorgung wird durch den Marker 25-Hydroxyvitamin D bestimmt, welcher die Blutkonzentration von 50 Nanomol/l nicht unterschreiten sollte. Leider sind die Grenzwerte bei rund 60% der Deutschen unterschritten, so das Bundesinstitut für Risikobewertunge (BfR). Betrachtet man die Gruppe der bereits an Osteoporose erkrankten Menschen, so weisen sogar 95% von ihnen einen Vit-D-Mangel auf.

In Amerika wird einem Vit-D-Mangel anhand von Zusätzen in Lebensmitteln vorgebeugt, dies ist in Deutschland jedoch nicht erlaubt. Wahrscheinlich könnte diese Zugabe (beispielsweise in Milch) jedoch Grund dafür sein, dass die Osteoporose-Häufigkeit in Amerika mit 10% geringer ist als in Deutschland mit 14%.

Indiz: Ermüdungsfrakturen

Als ein mögliches Anzeichen für eine geringe Knochendichte können gerade bei Sportlern Ermüdungsbrüche auftreten. Dafür muss noch nicht einmal Leistungssport betrieben werden, eine regelmäßige intensive Belastung kann reichen um Auswirkungen auf die hormonelle Konstitution herbeizurufen.

Der hormonelle Status verlangsamt auch nach einem aufgetretenen Ermüdungsbruch dessen Heilungsverlauf. Da oftmals Sport, Schlankheit und ein geringer Körperfettanteil bei Frauen als sehr positiv bewertet wird, sollten in der Beratung und Behandlung auf Indizien und Risiken hingewiesen werden.

Knochendichte messen – wann sinnvoll?

Trotz der vorgegangenen Informationen wird in Deutschland ein regelmäßiges Knochendichte-Screening bislang abgelehnt, gleichzeitig wird aber betont, das eine Messung der Knochendichte in jungen Jahren viel zu selten stattfindet. Die BEST-Studie konnte aufzeigen, dass nur 14% der Patienten mit einem Knochenbruch eine anschließende Knochendichtemessung erhalten haben. Zumindest bei Auffälligkeiten wie langsam heilende Brüche oder Verletzungen des Knochens bei minimaler Krafteinwirkung, könnte eine solche Messung einen sinnvollen Teil zur Therapie beitragen.

Knochen brauchen Zeit

Hormone regulieren unseren Körper und sorgen auch beim erwachsenen Menschen dafür, dass das komplette Skelett innerhalb von 10-15 Jahren einmal komplett erneuert wird. Anhand dieses Wissens kann man sich vorstellen wie wichtig eine gezielte Maßnahme zur Verbesserung der Knochendichte in jedem Alter sein kann.

In den USA kommt die sogenannte T-Score-Skala zum Einsatz. Wird ein Wert von -2 erreicht, so wird empfohlen prophylaktisch tätig zu werden. Dazu gehört die Auseinandersetzung mit den Risikofaktoren, zum Beispiel die Untersuchung der Calciumaufnahme von mind. 1000-1500mg/Tag. Wird diese nicht erreicht, werden 500mg zusätzlich substituiert. Bei Vitamin-D wird im Winter ebenfalls zu Substitutionsmitteln gegriffen, während im Sommer eine halbe Stunde im Sonnenlicht ausreicht.

Sportliche Aktivität sollte etwas reduziert werden und statt stärkeren Stoßkräften (wie zum Beispiel beim Joggen) sollte auf eine leichte Druckbelastung (zum Beispiel Nordic Walking) umgestellt werden. Auch für eventuell auftretende Darmerkrankungen oder Unverträglichkeiten sollten Strategien erarbeitet werden.

Frauen, die unter einer geringen Knochendichte leiden, sollten also schon in jungen Jahren Maßnahmen erarbeiten, welche diesen Prozess regulieren können. Insbesondere wenn ein Kinderwunsch besteht, sollte hier mit Bedacht schon im Vorfeld auf eine gute Versorgung mit Vitamin D und Calcium geachtet werden. Wird hier systematisch entgegengewirkt, so muss der in jungen Jahren anfällige Mensch, im Alter nicht zwangsläufig eine Osteoporose entwickeln.