In der Sportmedizin und Trainingswissenschaft rücken Themen wie Hormonhaushalt und Energieverfügbarkeit bei Sportlerinnen zunehmend in den Fokus. Verschiedene Studien haben gezeigt, dass körperliche Aktivität und ein strenger Trainingsplan signifikante Auswirkungen auf das hormonelle Gleichgewicht und die Gesundheit haben können. Dies ist insbesondere bei Themen wie dem „Female Athlete Triad“ und „Relative Energy Deficiency in Sport“ (RED-S) relevant, die sportartspezifische Herausforderungen für weibliche Athleten darstellen. Hier ein Überblick über die wichtigsten Erkenntnisse und deren praktische Implikationen für das Training und das Gesundheitsmanagement von Sportlerinnen.
Einfluss von körperlicher Aktivität auf den Hormonhaushalt
Eine systematische Analyse von Ennour-Idrissi et al. (2015) zeigt, dass körperliche Aktivität signifikante Effekte auf die Sexualhormone von Frauen haben kann. Regelmäßiges Training, insbesondere intensive Belastung, beeinflusst die Hormonproduktion und kann die Level von Östrogen und Progesteron verändern. Diese hormonellen Schwankungen haben weitreichende Auswirkungen, besonders auf den Menstruationszyklus und die Knochengesundheit. Die Studie legt nahe, dass eine Anpassung der Trainingsintensität und -häufigkeit im Einklang mit dem Hormonstatus von Sportlerinnen stehen sollte, um das Risiko hormoneller Dysbalancen zu reduzieren (Ennour-Idrissi et al., 2015).
Hormonelle Reaktionen auf Ausdauer- und Krafttraining
Untersuchungen von Copeland et al. (2002) zu hormonellen Reaktionen auf Ausdauer- und Krafttraining bei Frauen zwischen 19 und 69 Jahren zeigen, dass Training den Spiegel von Wachstumshormonen, Insulin und anderen regulierenden Hormonen beeinflussen kann. Diese hormonellen Reaktionen sind jedoch altersabhängig, was bedeutet, dass jüngere und ältere Sportlerinnen unterschiedlich auf Trainingseinheiten reagieren. Das Verständnis dieser hormonellen Unterschiede ist essentiell, um individuell angepasste Trainingspläne für Frauen in verschiedenen Altersgruppen zu entwickeln (Copeland et al., 2002).
RED-S und das Female Athlete Triad: Risiken durch Energiedefizit
Ein zentrales Thema im Bereich der Sportmedizin ist das Syndrom „Relative Energy Deficiency in Sport“ (RED-S), das in engem Zusammenhang mit dem „Female Athlete Triad“ steht. RED-S beschreibt eine Situation, in der Sportlerinnen nicht ausreichend Energie für ihre körperlichen und physiologischen Bedürfnisse bereitstellen, was oft zu hormonellen Störungen, Knochenschwund und Funktionsstörungen des Immunsystems führt. Studien wie die von Dave und Fisher (2022) sowie Baumgartner (2021) verdeutlichen die ernsten gesundheitlichen Konsequenzen, die mit einem chronischen Energiedefizit verbunden sind. Diese Forschung zeigt, wie wichtig es ist, dass Athletinnen eine ausgewogene Ernährung mit ausreichender Kalorienzufuhr beibehalten, um langfristige Gesundheitsschäden zu vermeiden (Dave & Fisher, 2022; Baumgartner, 2021).
Funktionelle hypothalamische Amenorrhoe und Energieverfügbarkeit
Eine der häufigsten Folgen von RED-S ist die funktionelle hypothalamische Amenorrhoe (FHA), das Ausbleiben der Menstruation durch ein Energiedefizit. Gordon (2010) und Loucks & Thuma (2003) zeigten, dass eine niedrige Energiebereitstellung die pulsatile Ausschüttung des luteinisierenden Hormons beeinträchtigt, was in weiterer Folge den Menstruationszyklus unterbricht. Diese hormonellen Störungen können langfristig auch die Fruchtbarkeit und das Wohlbefinden der Athletinnen beeinflussen. Die Autoren betonen, wie wichtig es ist, den Energiebedarf exakt zu ermitteln und sicherzustellen, dass Frauen im Leistungssport nicht unter einem Energiedefizit leiden (Gordon, 2010; Loucks & Thuma, 2003).
Praktische Empfehlungen und Gesundheitsmanagement
Die Studienlage zeigt, dass eine sorgfältige Überwachung des Energiehaushalts und hormoneller Marker für die Gesundheit und Leistungsfähigkeit von Sportlerinnen entscheidend ist. Trainingspläne sollten in Absprache mit Ernährungsberatern und Medizinern erstellt werden, um sicherzustellen, dass die Energieaufnahme an die körperlichen Anforderungen angepasst ist. Eine regelmäßige Überprüfung des Hormonstatus kann helfen, mögliche Risiken frühzeitig zu erkennen und die Gesundheit der Athletinnen langfristig zu schützen.
Fazit: Mehr Bewusstsein für hormonelle und energetische Balance
Für Trainer und Sportmediziner ist es essentiell, die komplexen Zusammenhänge zwischen Training, Hormonhaushalt und Energieverfügbarkeit zu berücksichtigen, um Frauen im Leistungssport bestmöglich zu unterstützen. Die Forschung betont die Notwendigkeit, Trainings- und Ernährungsstrategien individuell auf die Bedürfnisse und gesundheitlichen Anforderungen der Sportlerinnen abzustimmen.
Quellen:
- Ennour-Idrissi, K., Maunsell, E., & Diorio, C. (2015). Effect of physical activity on sex hormones in women: a systematic review and meta-analysis of randomized controlled trials. Breast Cancer Research, 17, 139. https://doi.org/10.1186/s13058-015-0647-3
- Copeland, J. L., Consitt, L. A., & Tremblay, M. S. (2002). Hormonal Responses to Endurance and Resistance Exercise in Females Aged 19–69 Years. The Journals of Gerontology: Series A, 57(4), B158–B165. https://doi.org/10.1093/gerona/57.4.B158
- Dave, S. C., & Fisher, M. (2022). Relative energy deficiency in sport (RED-S). Current Problems in Pediatric and Adolescent Health Care, 52(8), 101242. https://doi.org/10.1016/j.cppeds.2022.101242
- Baumgartner, S. (2021). Management der „female athlete triad“/RED-S. J. Gynäkol. Endokrinol., 24, 32–38. https://doi.org/10.1007/s41975-021-00179-y
- Gordon, C. M. (2010). Functional Hypothalamic Amenorrhea. The New England Journal of Medicine, 363(4), 365–371. https://doi.org/10.1056/nejmcp0912024
- Loucks, A. B., & Thuma, J. R. (2003). Luteinizing Hormone Pulsatility Is Disrupted at a Threshold of Energy Availability in Regularly Menstruating Women. The Journal of Clinical Endocrinology & Metabolism, 88(1), 297–311. https://doi.org/10.1210/jc.2002-020369